Guajakbaum

  • Guaiacum officinale, Guaiacum sanctum
  • Guajakholz, Pockholz, Franzosenholz
  • (Fam. Zygophyllaceae, Jochblattgewächse)
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Kräuterbeschreibung

Die Guajakbäume (G. officinale und G. sanctum) werden 6-9, max.12 m hoch (Stammdurchmesser bis 50 cm) und haben lederartige, in 2 bis 14 Fiederpaare gegliederte, gegenständig angeordnete, elliptische und immergrüne Laubblätter. Ihre leuchtend blau-violetten, sternförmigen Blüten mit 5 Kronblättern und doppelt so vielen Staubblättern stehen auf 2 cm langen Blütenstengeln in einer kleinen Scheindolde. Die gelb-orange gefärbten, herzförmigen Kapselfrüchte enthalten in jedem ihrer zwei Fächer einen länglichen, braunen Samen. Guajakholz zählt zu den schwersten Hölzern überhaupt. Auch im trockenen Zustand ist es schwerer als Wasser, fest (nicht spaltbar) und sehr dauerhaft; sein Spez. Gewicht liegt bei 1,3-1,5. Das äußere Splintholz ist gelblich und frisches Kernholz grünlich mit fast schwarzem Zentrum; es dunkelt später nach und enthält das bei Verletzung ausfließende Guajakharz. G. officinale hat etwas dunkleres und festeres Holz als G. sanctum.

Verwandte Kräuter

Das Holz der mexikanischen Art G. coulteri wie auch der Gatt. Bulnesia in südamerikanischen Buschwäldern, Steppen und Wüsten hat ähnliche Eigenschaften wie das Guajakholz und wird ebenfalls zu Heilzwecken verwendet, z. B. Bulnesia arborea (Maracaibo-Pockholz) aus den Mimosensavannen in Kolumbien und Venezuela und Bulnesia sarmienti (Argentinisches Pockholz).
Zur Fam. Zygophyllaceae gehört auch die Gatt. Peganum mit 6 Arten Steppenpflanzen im Mittelmeergebiet bis Ostasien. Die Steppenraute (Peganum harmala, Staude, bis 50 cm) enthält Harman-Alkaloide (z. B. Harmin, Harmalin; in der Samenschale). Als Monoaminoxydase-Hemmstoffe können sie u. a. die Wirkung von Serotonin verlängern, aber auch hemmen (Harmin). In geringer Dosis vermehren sie die Speichelsekretion, wirken auf das Zentralnervensystem und führen zu Halluzinationen und Euphorie; in größeren Mengen lösen sie Krämpfe und Lähmungen aus. Die Samen werden von der einheimischen Bevölkerung als Antiwurmmittel,in der Türkei auch als Gewürz und Färbemittel (Türkischrot) verwendet.
Nahe verwandt mit Guaiacum ist auch der Strauch Larrea tridentata (USA, Mexiko). Larreaharz dient u. a. in der Pharmazie zu Konservierungszwecken.

Vorkommen

Herkunft und Verbreitung

Die Heimat der Guajakbäume ist das nördliche Südamerika, Mittelamerika und die Westindischen Inseln. Herkunftsländer von G. officinale sind Florida, Guayana, Venezuela und Kolumbien; die besten Qualitäten sollen auf den Antillen wachsen. Das etwasweniger harzreiche Holz von G. sanctum stammt von den Bahamainseln und Haiti, aber auch aus Florida, Yukatan und den Antillen.

Standort

Die immergrünen Bäume wachsen im tropischen Regenwald. Sie bevorzugen durchlässigen, humus- und nährstoffreichen Boden und eine Temperatur von mindestens 15 °C.
Ehemals waren Guajakbäume auch in Mitteleuropa verbreitet. Am Niederrhein fand man Früchte des Guajakbaumes aus dem Oligozän (vor 35 Millionen Jahren).

Kultivierung

Aufgrund des unkontrollierten Raubbaus in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet wurden die Guajakbäume bis zur Mitte dieses Jahrhunderts so stark dezimiert, daß man sie 1985 unter internationalen Schutz stellte (Anhang II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens).
Seither bemüht man sich auch um eine Kultivierung. Anbau und Handel sind vor allem in den Ursprungsländern gesetzlich geregelt.
Die Vermehrung der empfindlichen Pflanze – außerhalb der Tropen im Treibhaus – erfolgt im Frühjahr durch Stecklinge oder im Sommer bei etwa 26 °C durch Samen (Einsaat einschließlich der gelblichen Fruchtwand). Von Anfang an sind sehr große Behälter zu wählen, weil das Umtopfen der Pflanzen oder jungen Bäume problematisch ist.
Das früher durch Einschnitte in den lebenden oder gefällten Baum gewonnene Harz ist heute nicht mehr erhältlich. Vertrieben wird nur noch das geraspelte Holz, aus dem das Harz durch Erwärmung gewonnen werden kann.

Brauchtum

Oviedo – ein Chronist der amerikanischen Flora und Fauna – schrieb 1526, daß sich karibische Indianer mit Hilfe des Guajakholzes sehr leicht von den Geschlechtskrankheiten befreien würden (die Syphilis war in Amerika von den Eroberern eingeschleppt worden). Auch Europa hatte großen Bedarf an einem solchen Heilmittel, das schon 1503 erstmals eingeführt und dessen Export in den folgenden Jahrzehnten von Spanien monopolisiert wurde.

Der Glaube an die Heilwirkung bei Syphilis hielt sich in der Volksmedizin rund 200 Jahre lang, wobei die mangelnde Wirksamkeit des Guajakholzes wohl durch eine gleichzeitige Anwendung anderer Heilpraktiken und die Einnahme zusätzlicher Naturheilmittel überdeckt wurde. Der deutsche Humanist Ulrich von Hutten soll sich beispielsweise 1519 durch 40tägiges Fasten, Schwitzen und Trinken von „lignum vitae“ (Lebensholz, abgekochtes Guajakholz) von der Syphilis geheilt haben.
Indianer schluckten die harzigen Späne auch als Mittel gegen Eingeweideparasiten. In Europa war das Holz Bestandteil der traditionell harntreibenden Mischung „species lignorum“, die früher auch gegen Rheuma, Gicht, Syphilis, Haut- und Atemwegserkrankungen verwendet wurde. Es diente als blutreinigendes Mittel wie auch zur Behandlung der Pest und war zudem ein begehrtes Aphrodisiakum (die Härte des Holzes sollte sich auf das männliche Glied übertragen). In Amerika wurde es gerade als Potenzmittel wiederentdeckt, als mit Viagra ein offensichtlich wirksameres Mittel auf den Markt kam.

Aufgrund der hohen Festigkeit diente es den Indianern zur Herstellung kräftiger Jagdbögen; später machte man daraus Maschinenteile, Zahnräder, Holzhämmer, Mörser, Kegelkugeln und Lineale. Bei der Verwendung zu Flaschenzugrollen, Mühlenwellen und Lagerschalen von Schiffsschrauben war wegen des hohen Fett- und Harzgehaltes kein gesondertes Schmiermittel erforderlich.

Wissenswertes

Die mexikanischen Seri-Indianer in Sonora am Golf von Kalifornien nahmen das Harz von Guaiacum coulteri zur Herstellung des Farbstoffs „Seriblau“, mit dem sie ihre Gesichter bemalten.
Eine Tinktur aus Guajakharz (2 %ige Lösung) in Ethanol oder Eisessig dient zum Nachweis von Blut in Harn oder Stuhl (Haemoccult-Test).
Der Name „Guaiacum“ wurde von den indianischen Bezeichnungen (Guajak, Hujacum, Hoaxacan) in das Spanische übernommen. „Franzosenkraut“ nannte man es wegen seiner angeblichen Wirkung gegen die „Franzosenkrankheit“ (Syphilis und Gonorrhö). Der Name G. sanctum stammt von der mittelalterlichen Bezeichnung „lignum sanctum“ (heiliges Holz).

Eigenschaften

Wesentliche Inhaltsstoffe

Die von der Rinde befreiten Stamm- und Zweigstücke enthalten etwa 20 % Harz (Kernholz 15-25 %, Splintholz 2-3 %), 5-6 % ätherisches Öl (u. a. Guajol und Triterpene, z. B. Oleanolsäureglykoside), Saponine (Guajaksaponin) und Sterine; die Rinde u. a. Triterpensaponine.
Zur Gewinnung des Guajakharzes wird das gewürzartig scharf riechende und bitter schmeckende, grünbraune Kernholz bei Temperaturen von etwa 90 °C ausgeschmolzen oder mit Salzwasser ausgekocht. Das Handelsprodukt, eine gelbe (nach Oxidation an der Luft grünlich-braune) und balsamisch riechende, spröde und glasige Harzmasse mit kratzendem Geschmack löst sich in Ethanol, Ether oder Chloroform, nicht jedoch in Wasser. Wichtige Inhaltsstoffe des Harzes sind u. a. verschiedene Lignane, z. B. Guajaretsäure, Furoguajacin (Guajaconsäure, die sich nach Oxidation blau färbt) und ätherisches Öl (überwiegend Sesquiterpenalkohole, u. a. Guajakol, Guajazulen bei der Wasserdampfdestillation aus Guajol).

Eigenschaften, Wirkungen

Die entzündungshemmende, antirheumatische Wirkung der Lignane und von Guajazulen ist auf die Hemmung der Cyclooxygenase bei der Prostaglandinsynthese zurückzuführen. Die Inhaltsstoffe des Holzes wirken außerdem krampflösend, mild abführend, schwach harntreibend und fungistatisch (das Pilzwachstum hemmend); die der Rinde leicht schweißtreibend.

Warnhinweise

Bei der bestimmungsmäßigen Anwendung therapeutischer Dosen sind keine Kontraindikationen oder Nebenwirkungen bekannt.
Größere Dosen können eine Gastroenteritis (Schleimhautentzündung in Magen und Darm) mit Blähungen, krampfartigen Leibschmerzen und Durchfall verursachen, zu Herzklopfen, Schwindel und Benommenheit führen, die Menstruation verstärken und Hautausschläge bewirken.

Anwendung

Anwendungsgebiet

Arzneidroge: Guajaci lignum (Guajakholz)
Die Droge dient der unterstützenden Behandlung rheumatischer Beschwerden.
In der Volksheilkunde werden die Wirkstoffe des Guajakbaums nur noch selten als Heilmittel verwendet; auch hier sind sie hilfreich bei chronischem Rheuma und gelten als blutreinigend, harn- und schweißtreibend.

Anwendungsart

Verwendet wird die aus Kern- und Splintholz bestehende zerkleinerte Droge für Abkochungen oder andere Zubereitungen in wirksamer Dosierung.
Die mittlere Tagesdosis beträgt 4,5 g Droge, Zubereitungen entsprechend. Im Handel sind auch Fertigarzneien (Tabletten und Tropfen) erhältlich.
In der traditionellen Heilkunde werden noch weitere Arzneidrogen verwendet: Rinde (Guaiaci cortex), ätherisches Öl (Guaiaci aetheroleum) und Harz (Guaiaci resina).

Das Homöopathikum „Guaiacum” soll bei chronischem Gelenkrheumatismus, trockener Angina, Entzündungen im Rachen- und Kehlkopfbereich sowie bei Brustfellentzündung helfen.

Produkte

Getränke

Harz und ätherisches Öl des Guajakbaumes werden bei der Herstellung mancher Spirituosen als Aromastoff verwendet, z. B. im „Boonekamp“.

Tee

Guajakholztee ist kaum noch gebräuchlich, aber noch als Beimischung z. B. in Rheumatees und verschiedenen Blutreinigungstees enthalten.
Zur Zubereitung des sogenannten „Holztees“ übergießt man 2 TL feingeschnittene Droge mit einer Tasse kochendes Wasser (1,5 g Droge auf 150 ml Wasser). Nach etwa 10-15 Min. durch ein Sieb geben und mehrmals täglich 1 Tasse heiß trinken.

Speisen

Guajakharz läßt sich als Grundstoff für Konservierungsmittel und zum Aromatisieren von Kaugummi, Süß- und Backwaren verwenden. Aus Guajakol kann man Vanillin herstellen.

Kosmetik

Guajakholzöl für die kosmetische Industrie liefern die mit dem Guajakbaum verwandten Pockholz-Arten, besonders Bulnesia sarmienti (Argentinisches Pockholz). Es dient z. B. als Fixiermittel und Duftstoff bei der Herstellung von Seifen, Kosmetika und Parfüms (Duftkomponenten zu Rose, Veilchen und Maiglöckchen).
Guajakholz-Wirkstoffe sind als keimhemmender Bestandteil in einigen Mundwässern enthalten.

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Letzte Änderung: 3. März 2018
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)

Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2018): Guajakbaum (Guaiacum officinale, Guaiacum sanctum) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in Brunnen/Schweiz: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).


BILDNACHWEISE UND ZITIERTE LITERATUR

Bildnachweise

alle Fotos:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg

Zitierte Literatur
→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)