Salbei

  • Salvia officinalis
  • Echter Salbei, Gartensalbei, Edelsalbei
  • (Fam. Lamiaceae [= Labiatae], Lippenblütler)
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Kräuterbeschreibung

Der Echte Salbei ist ein bis 80 (100) cm hoher Halbstrauch und als solcher im unteren, oft stark verzweigten Teil verholzt (graubraune, schuppige Borke). Die mattgrünen, krautigen Stengel sind fast stielrund, filzig behaart und unterwärts oft mehr oder weniger violett angelaufen. Sie tragen gestielte, länglich-eiförmige bis schmal-elliptische Blätter mit netznervig-runzeliger Oberfläche. An der schmaleren Blattbasis können zwei Fiedern (Öhrchen) stehen. Junge Blätter erscheinen durch eine filzige Behaarung weißgrau (silberfarben). Im Mai und Juni erscheinen die blauvioletten, selten auch weißen Blüten (2 bis 3 cm) mit sichelförmiger Oberlippe, angeordnet in vier- bis achtblütigen Scheinwirteln auf einem ährenförmigen Blütenstand. Die fast kugeligen Früchte sind 2 bis 3 mm große, dunkelbraune bis schwärzliche Nüßchen mit einem kleinen weißen, lochfömigen Nabel. Blüten und Blätter verbreiten einen herben Geruch (beim Zerreiben riechen sie bitter-würzig).
Der Echte Salbei ist sehr formenreich. Neben Salvia officinalis officinalis gibt es noch diverse Unterarten und Kultursorten, die ebenfalls als Heilkraut verwendet werden können, z. B. der Purpursalbei (S. officinalis purpurascens), Dreifarbige Salbei (S. officinalis tricolor) oder Gelbbunte Salbei (S. officinalis „Icterina“).

Verwandte Kräuter

Der Salbei gehört mit 500 Arten (nach anderer Taxonomie auch bis 900) zu den artenreichsten Pflanzengattungen. Die in Mitteleuopa wildwachsenden Salbei-Arten, z. B. der bekannte und verbreitete Wiesensalbei (Salvia pratensis) zählt nicht zu den Heilkräutern und ist auch kulinarisch ohne Bedeutung. Dasselbe gilt für die meisten der beliebten Salbei-Gartenpflanzen, z. B. den Steppensalbei (Salvia nemorosa) oder den Silberweißen Salbei (Salvia argentea).
Als Heilpflanzen gelten neben Salvia officinalis lediglich drei weitere Salbei-Arten: Der Dreilappige (griechische) Salbei (Salvia triloba) wird ähnlich wie S. officinalis verwendet, hat aber im Gegensatz zu diesem einen höheren Cineol- und geringeren Thujongehalt. Aus dem südöstlichen Mittelmeerraum stammt der Muskateller-Salbei (Salvia sclarea). Wegen seines Muskataromas ist er in der Aromatherapie (und auch in der Parfüm- und Kosmetikindustrie) gebräuchlich und bekam seinen Namen von Winzern, die ihren Rheinwein in früheren Zeiten in hochwertigeren Muskatellerwein verwandelten. Die in Mitteleuropa sehr selten verwendete Salbeiart Dan Shen (Salvia miltiorrhiza) ist eine der wichtigsten Pflanzen in der chinesischen Medizin und wird in Nordchina und der Mongolei angebaut. Im Gegensatz zu S. officinalis nimmt man aber nicht die Blätter, sondern die Wurzel.

Vorkommen

Herkunft und Verbreitung

Als ursprüngliche Heimat des Echten Salbeis wird das frühere Jugoslawien (Dalmatien, Südost-Serbien und Mazedonien) angenommen, wo er Berghänge bis 800 m Höhe besiedelt. Von dort aus hat er sich im süd- und südwesteuropäischen Mittelmeergebiet (Griechenland, Italien, Südfrankreich, Spanien) ausgebreitet. In Mitteleuropa und im Süden Englands wird er als Heil- und Gewürzpflanze in Kräuter- und Bauerngärten angebaut, aus denen er nur selten verwildert.

Standort

Im Mittelmeergebiet findet man den Echten Salbei besonders an trockenen Kalkhängen. Als sehr wärmeliebendes Trockenlandgewächs  – typischer „Xerophyt” – besitzt er dichten Haarfilz. Die zahlreichen Pflanzenhaare (= Trichome) reduzieren den Lichteinfall und damit die Temperatur bei starker Sonneneinstrahlung, womit die Pflanze in der Lage ist, in gewissen Grenzen auch die Transpiration zu regeln.

Kultivierung

Der pharmazeutisch verwendete Salbei wird in Feldern angebaut und stammt überwiegend dem östlichen Mittelmeerraum (z. B. Dalmatien, Griechenland).

Brauchtum

Die wichtigsten Anwendungen in der heutigen Heilkunde – mit Ausnahme der Schweißhemmung – waren auch schon in der Antike bekannt. Im alten Ägypten soll man unfruchtbaren Frauen mit Salbeisaft geholfen haben. Hippokrates (460-370 v. Chr.) empfahl ihn als Uterusmittel. Die Römer hatten mit dem Salbei zunächst recht wenig im Sinn und degradierten ihn zum Küchengewürz. Dies änderte sich sowohl mit Plinius (23-79 n. Chr.), der ihn als blutstillendes, menstruationsförderndes und harntreibendes Medikament empfahl, als auch mit Dioskurides (1. Jh. n. Chr.): „Der Salbei löst den Kälteschauer und den elenden Husten. Alle Übel erregenden Wunden heilt die Pflanze. Sie heilt den Milzschmerz und den Durchfall und kuriert vorher getrunken den Blutauswurf. Sie hilft dem weiblichen Schoß bei allen Beschwerden.“
Nach Mitteleuropa kam der Salbei vermutlich durch römische Soldaten. Ein vielzitierter lateinischer Aphorismus lautet: „Warum sollte der Mensch sterben, für den Salbei in den Gärten wächst?“ Hildegard von Bingen (1098-1179) empfahl ihn gegen Koliken und Albertus Magnus (1193-1280) wandte ihn erstmals auch gegen Nachtschweiß an, außerdem bei Erkältungen und zur Stärkung der Nerven. 1688 entstand das berühmte, 414 Seiten umfassende Buch von Christoph Paulini über den Salbei.
In der Schweiz war es Sitte, ein Salbeisträußchen (Altweiberschmeckele) zum Gottesdienst mitzunehmen. Es hatte den Zweck, besonders ältere Frauen bei einer zu langen Predigt am Einschlafen zu hindern.
Noch unsere Urgroßeltern nahmen den Salbei als bevorzugtes Mittel zur Zahnpflege. Sebastian Kneipp (1821-1897) beschwerte sich darüber, daß Vorübergehende ein Blättchen Salbei aus seinem Garten zupften, um sich damit die Zähne zu putzen. Die zweifelhafte Männerweisheit, daß Salbei zusammen mit Sadebaum (= Juniperus sabina, Stinkwacholder) und Rosmarin ein wirksames Mittel gegen die „Trägheit und Blödheit der Frau“ sein solle, ist vielleicht nach vielen Gläschen in einem Weinkeller oder Wirtshaus entstanden.

Wissenswertes

In der Literatur wird vielfach behauptet, Dioskurides hätte den Salbei als Abtreibungsmittel empfohlen und sei mitschuldig an dessen Ruf als Hexenkraut. Doch ob es Dioskurides anzulasten ist, wenn einige Frauen seine Worte zum Salbei: „Die elenden Weiber, die Böses im Sinne haben, machen (daraus) ein Pessar, um sich vor der Schwangerschaft zu befreien und die schöngeformte Frucht des Embryos zu entfernen“ als brauchbaren Tipp verstanden haben, sei dahingestellt.
Während einer Pestepidemie im Jahre 1630 sollen vier Diebe in Toulouse die Pestkranken beraubt und ihre Häuser geplündert haben, ohne selbst zu erkranken. Man nahm sie gefangen und verurteilte sie zum Tode. Sie retteten jedoch ihr Leben, indem sie das Geheimnis ihres Pestschutzmittels preisgaben. Es bestand aus den in Essig zubereiteten Kräutern Salbei, Rosmarin, Lavendel und Thymian (alle keimhemmend), mit denen sie ihre Körper vor den Taten eingerieben hatten. Die Mischung bekam den Namen „Essig der vier Diebe“ und wurde bei Pest und Infektionen als natürliches Antibiotikum verwendet.

Eigenschaften

Wesentliche Inhaltsstoffe, Wirkungen

Der wichtigste Inhaltsstoff des Salbeis ist das ätherische Öl (0,5 bis 2,5 %) mit dem Hauptwirkstoff Thujon (etwa 50 %), rund 15 % Cineol und Campher (= Kampfer). Die Blätter enthalten Gerbstoffe, Steroide, Flavone und Flavonglykoside, Triterpene und Diterpen-Bitterstoffe, u. a. Carnosolsäure / Carnosol und Salvin.
Das im ätherischen Öl überwiegend enthaltene Thujon kommt auch in anderen Heilpflanzen (z. B. Thuja, Wermut, Rainfarn) vor. Es hat antibakterielle und virustatische (gegen Viren wirkende) Eigenschaften und wirkt entzündungs- und schmerzhemmend. Gleichfalls keimhemmend sind u. a. Cineol (Eucalyptol, auch Hauptbestandteil des ätherischen Öls von Eukalyptus) und Gerbstoffe, z. B. Rosmarinsäure, welche das Gewebe zusammenzieht und die Wundheilung fördert. Unterstützende Wirkung besitzen die nur zu einem relativ geringen Anteil enthaltenen Flavone und Flavonglykoside zum Beispiel auf das Immunsystem; lediglich das Flavonoid Cirsimaritin ist in nennenswerter Menge enthalten und soll auch antibiotisch wirken. Bestimmte Diterpene, z. B. Carnosolsäure und Carnosol, wirken antioxidativ und können zellschädigende Substanzen (freie Radikale) im Körper unschädlich machen. Die vorhandenen Bitterstoffe erhöhen die Speichelsekretion, sind appetitanregend, fördern die Verdauung (z. B. das Diterpen Salvin) und sind harntreibend (Triterpene). Kampfer ist ebenfalls anregend, besonders auf Atmung und Kreislauf. Vor allem auf die ätherischen Öle wird auch die Hemmung der Schweißproduktion zurückgeführt, wobei die Wirkung in einer wenig bekannten Weise direkt an den Nervenenden der Schweißdrüsen ansetzen soll. Hierdurch könnte auch die Wirksamkeit des Salbeis gegen Pilzerkrankungen (fungistatisch) unterstützt werden. Dem Salbei werden weiterhin durchblutungsfördernde und krampflösende Eigenschaften (durch die ätherischen Öle) zugeschrieben; er fördert die Menstruation, hemmt die Milchsekretion und kann in geringem Maße auch den Blutzuckerspiegel senken.

Warnhinweise

Werden das ätherische Salbeiöl oder alkoholische Salbeiextrakte in höherer Dosierung und über eine längere Zeit eingenommen, können epilepsieähnliche Krämpfe auftreten. Hierfür sollen die Wirkstoffe Thujon und Kampfer verantwortlich sein. Beide sind in hoher Dosierung giftig und führen auch zu Schwindel, Erbrechen und Krämpfen; Kampfer bei äußerer Anwendung auch zu Hautreizungen. Bei der Verwendung des Krauts (auch als Gewürzmittel und Tee) wie auch seiner Wirkstoffe in gebräuchlicher Dosierung sind diese Nebenwirkungen aber nicht zu befürchten.
Der Salbei enthält ein dem menschlichen Östrogen (= weibliches Geschlechtshormon) in Struktur und Wirkung sehr ähnliches Phytoöstrogen (Pflanzenöstrogen). Aus diesem Grund sollen das ätherische Salbeiöl und alkoholische Salbeiextrakte während einer Schwangerschaft nicht eingenommen werden.

Anwendung

Anwendungsgebiet

Arzneidroge: Salviae folium (Salbeiblätter)
Innerlich wird die Droge bei vermehrter Schweißsekretion und gegen Ernährungs- und Verdauungsstörungen (z. B. zur Appetitanregung und Verdauungsförderung) angewendet. Äußerlich nimmt man sie bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut.
In der traditionellen Heilkunde dient der Salbei auch zur Krampflösung, Schmerzlinderung und Heilung bei Husten und Erkältungen sowie bei Gallenblasenentzündung, Harnwegsinfekten und Nierengrieß, zur Hemmung der Milchsekretion, bei Menstruationsbeschwerden und im Klimakterium (= Wechseljahre der Frau).
Zur äußeren Anwendung wird der Salbei auch gegen Pilzerkrankungen eingesetzt. Er ist in einigen Mitteln zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen (als Einreibungsmittel und Badezusatz), gegen Lippenherpes (Herpesbläschen) und auch in Zahnpasten auf Kräuterbasis enthalten. Als Hausmittel nimmt man ihn bei Mundgeruch, Mundgeschwüren (Stomatitis), Insektenstichen und Zahnfleischentzündung.

Anwendungsart

Die Droge besteht aus frischen oder getrockneten Blättern von Salvia officinalis oder deren Zubereitung. Für Aufgüsse, alkoholische Auszüge und Destillate nimmt man die geschnittene Droge und verwendet sie zum Gurgeln und Spülen, zu Pinselungen, für innere Anwendungen und zur Herstellung von Frischpflanzenpreßsaft.

Bei der inneren Anwendung sollte eine Tagesdosis von insgesamt 4 bis 6 g Droge nicht überschritten werden; entsprechend sind 0,1 bis 0,3 g ätherisches Öl oder 2,5 bis 7,5 g Tinktur oder 1,5 bis 3 g Fluidextrakt.
Zur äußeren Anwendung nimmt man für einen Aufguß 2,5 g Droge (oder 2 bis 3 Tropfen ätherisches Salbeiöl) auf 100 ml Wasser oder 5 g alkoholischen Auszug auf 1 Glas Wasser. Zur Pinselung (z. B. im Mund- und Rachenraum, bei Mandelentzündung) kann der unverdünnte alkoholische Auszug verwendet werden.

Das Homöopathikum „Salvia officinalis”, hergestellt aus den frischen Blättern, soll die Schweiß- und Milchsekretion hemmen. Weitere Anwendung bei Depressionen und Erschöpfung, zur Stärkung nach überstandenen Krankheiten und gegen Hitzewallungen in den Wechseljahren.

Produkte

Getränke

Salbei nimmt man zur Herstellung von Kräuterlikören und Kartäuser. Die genauen Rezepte werden von den meisten Herstellern geheim gehalten.

Tee

Im Unterschied zu vielen anderen Heilpflanzen sind einige der keimhemmend wirksamen Substanzen im Salbei auch gut wasserlöslich. Daher läßt sich die Heilung von Entzündungen im Mund und Rachen wie auch von Husten und Erkältungen mit Salbei-Tee unterstützen. Eine Mischung aus Salbei und Kamille zu gleichen Teilen kann die Wirkung verstärken.
Für einen Teeaufguß überbrüht man 1 gehäuften (für Kinder einen gestrichenen) Teelöffel getrocknete Salbeiblätter in einer Tasse Wasser und läßt den Tee 10 bis 15 Minuten zugedeckt ziehen. Als Tagesdosis werden 3 bis 4 Tassen (Kinder 1 bis 2 Tassen) täglich empfohlen. Für Kinder kann man den Tee mit Honig süßen.

Speisen

Ein bekanntes italienisches Gericht sind Saltimbocca-Röllchen. Hierzu nimmt man dünne Kalbsschnitzel, belegt sie mit rohem Schinken und Salbeiblättern und gibt Zitronensaft, Pfeffer und Salz hinzu. Die Schnitzelscheiben werden aufgerollt, mit Holzspießchen festgesteckt, von allen Seiten angebraten und gegart. Das fertige Röllchen wird mit einem Salbeiblatt garniert. Hinzu kommt eine Weißweinsoße und als Beilagen dienen Reis oder Butternudeln und Salat.

Kosmetik

In der kosmetischen Industrie dient Salbeiöl als Grundlage für die Herstellung von Parfüms mit herber Duftnote. Das Öl ist auch in einigen Mundwässern enthalten.
Hausmittel: Als Vorbeugung gegen zu frühes Ergrauen wird das Haar nach der Wäsche mit einem Salbei-Aufguß gespült. Bei dunklem Haar kann dem Aufguß zusätzlich Rosmarin und Brennessel beigemischt werden.

Tipps

Um bei der Zubereitung von Heilkräutertee ein Entweichen von flüchtigen Wirkstoffen (z. B. ätherischen Ölen) zu verhindern, sollte man die Tasse nach dem Aufbrühen zudecken, z. B. mit der Untertasse. Denselben Zweck erfüllen auch spezielle Kräuterteetassen mit Deckel, die im Handel erhältlich sind. Salbei trägt auch zur besseren Haltbarkeit von Nahrungsmitteln und Gewürzmischungen bei. Der Grund ist die starke antioxidative Wirkung seiner Inhaltsstoffe Carnosolsäure, Carnosol und andere Diterpene.

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Letzte Änderung: 5. Januar 2021
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)

Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Salbei (Salvia officinalis) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in CH-Brunnen: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).


BILDNACHWEISE UND ZITIERTE LITERATUR

Bildnachweise

• Verbreitungskarte Salvia officinalis: Euro+Med PlantBase Project. Botanical Museum, Helsinki, Finland 2018; Data from BGBM Berlin-Dahlem, Germany. Source: World Checklist of Selected Plant Families (2010), © The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew;

alle übrigen Fotos und Abbildungen:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg

Zitierte Literatur

→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)