Hibiskus

  • Hibiscus sabdariffa
  • Roselle, Karkade, Afrikanische Malve, Rote Malve, Sabdariff-Eibisch, Rama
  • (Fam. Malvaceae, Malvengewächse)
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Kräuterbeschreibung

Hibiscus sabdariffa ist eine einjährige, strauchartige Pflanze mit an der Basis verholzenden, rötlichen Stengeln und Blattstielen. Die Blätter sind gezähnt, dreilappig (auch 5–7-lappig) und fingerförmig; bei älteren Pflanzen (obere Blätter) und Jungpflanzen auch spitz-eiförmig. Im oberen Stengelbereich entwickeln sich in den Blattachseln einzelne fünfzählige Blüten. Nach der Entfaltung sind sie bis auf den dunkel-roten Grund tiefgelb oder sandfarben; bei einigen Sorten auch andersfarbig. Die gelborangenen Staubfäden verwachsen zu einer kurzen Säule, aus der 5 rosafarbene, quasten- oder pinselartige Narbenlappen hervorragen. Der innere Kelch besteht aus 5 kurzen, aber breiten Kelchblättern, der Außenkelch ist 8–12-blättrig. Aus dem oberständigen Fruchtknoten entwickelt sich eine fachspaltige, mehrsamige Kapsel.
Von H. sabdariffa sind zahlreiche Formen und Sorten bekannt, die sich in Wuchshöhe, Blattform und Blütenfarbe unterscheiden und zwei Varietäten zugeordnet werden:
Bei der 1,5 m (max. 2,5 m) hoch wachsenden Varietät „sabdariffa“ (wichtigste Form: „ruber“) werden die inneren, bis 6 cm langen Kelchblätter bei der Reife fleischig saftig und leuchtend rot. Kelche und Außenkelche verwendet man bei der Herstellung von Getränken sowie als Heil-, Nahrungs- und Färbemittel. Weitere Formen von H. s. sabdariffa sind „bhagalpuriensi“, „intermedius“ und „albus“.
Hibiskuspflanzen der zweiten Varietät „altissima“ sind wirtschaftlich bedeutender. Aus ihrer Rinde werden juteähnliche Fasern gewonnen. Sie erreichen eine Höhe von 5–6 m und besitzen keine fleischigen, sondern verholzte Kelche.

Verwandte Kräuter

Hibiscus ist mit ca. 300 Arten die größte Gattung der Malvengewächse. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in den Tropen. Die Arten haben sich aber auch an unterschiedliche Lebensräume wie Mangroven, Küstenwälder, Savannen und Wüsten angepaßt. In variablen Wuchsformen sind sie ein- und mehrjährig krautig, halbstrauchig, strauchig, baumförmig und selbst mit Stacheln bewehrt. Einheimisch in Europa ist nur H. trionum (Stundenblume).
Mit Hibiskus verwandte Malvengewächse sind u. a. Wilde Malve (Malva sylvestris) und Baumwolle (Gossypium sp.), aber auch Zier- und Zimmerpflanzen, z. B. H. rosa-chinensis (Chinesischer Roseneibisch), Alcea rosea (Stockrose), Althaea officinalis (Eibisch), Lavatera sp. (Buschmalve), Sidalcea sp. (Präriemalve) und Abutilon sp. (Zimmerahorn).

Kenaf (Hibiscus cannabinus) ist einjährig, wird bis 4 m hoch und besitzt rauhaarige Sproßachsen (H. sabdariffa: glatte Achsen). Die Pflanze dient in ihren Anbauländern der Faser- und Papiergewinnung, der Samen als Speise-, Brenn- und Schmieröl, die jungen Blätter als Gemüse und die Wurzel als Heildroge. Während viele afrikanische Nutzpflanzen ursprünglich aus dem indischen/asiatischen Raum stammen (z. B. Banane Musa sp., Limette Citrus × aurantiifolia, Wassermelone Citrullus lanatus oder Aubergine Solanum melongena), wurde indisches Kenaf wohl schon im Altertum in Afrika eingeführt.

Okra (Gombo, Gambohanf, Rosenpappel: Abelmoschus esculentus syn. Hibiscus abelmoschus) stammt aus dem tropischen Afrika. Die bis 2,5 m hohe, schon 2000 v. Chr. in Ägypten kultivierte Pflanze gelangte wahrscheinlich im 8. Jh. durch die Mauren in den Nahen Osten und wurde später auch in der Neuen Welt (1658 in Brasilien) eingeführt. Heute ist Okra nur noch in Kultur bekannt wahrscheinlich auf einen Hybrid von A. tuberculatus aus Indien und A. ficulneus aus Afrika zurückzuführen (Boivin et al. 2014). Die unreif geernteten jungen Früchte sind ein schwach nach Bohnen schmeckendes Gemüse und die essbaren gelblichen Samen werden aufgrund des hohen Schleimgehalts bei Magenleiden verwendet.

Vorkommen

Herkunft und Verbreitung

Die Heimat von Hibiscus sabdariffa wurde früher in Westafrika (Ägypten) vermutet. Heute nimmt man an, daß sie ursprünglich aus dem Raum zwischen Indien und Malaysia stammt und schon zu einem frühen Zeitpunkt auch in tropische und subtropische Gebiete Afrikas gelangte. Mit afrikanischen Sklaven kam sie nach Nordamerika und verbreitete sich im 18. und 19. Jh. ebenso nach Südamerika.

Kenaf (Hibiscus cannabinus) wird in Europa auch in Ungarn und nördlich des Schwarzen Meeres kultiviert.

Standort

H. sabdariffa wächst in subtropischen und tropischen Regionen (Sommerregengebiete) vom Meeresspiegel bis in eine Höhe von 900 m. Sie ist äußerst frostempfindlich, benötigt hohe Temperaturen (20–30 °C) und eine ausreichende Wasserversorgung von ca. 1500–2000 mm während der Wachstumsphase.
Die Pflanze läßt sich auch in Mitteleuropa heranziehen. Ende Februar oder Anfang März steckt man die Samen 0,5 cm tief in einen Topf mit Anzuchterde und stellt diesen in der Wohnung an einen hellen und sonnigen Platz. Wichtig ist das regelmäßige Gießen (die Erdoberfäche sollte nicht austrocknen). Erreichen die Pflanzen eine Höhe von etwa 7,5–10 cm, werden sie in mehrere einzelne Töpfe umgesetzt und – wenn keine Frostgefahr mehr besteht – in das Freiland verpflanzt, wo sie evtl. zusätzlich gewässert werden müssen. Bei guter Pflege dürften sie nun blühen und auch fruchten.
In Mitteleuropa winterhart ist allein der Roseneibisch („Rose von Sharon“, H. syriacus). Er stammt aus den gemäßigten Regionen Asiens (nicht aus Syrien) und wird häufig in Gärten oder auch zu Heilzwecken angepflanzt (seinen Blättern und Blüten wird heilende Wirkung bei Entzündungen und Hustenreiz nachgesagt).

Kultivierung

Hibiscus sabdariffa var. sabdariffa wird heute weltweit in den Tropen und Subtropen angebaut, vor allem jedoch in Ägypten und im Sudan, in den USA, in Burkina Faso, Mexiko, China, Thailand sowie auf Ceylon und Java. Die Ausbeute an Fruchtkelchen liegt in Kalifornien bei etwa 1,3 kg und in Florida bei 7,25 kg je Pflanze; Felder in Hawaii bringen einen Ertrag von 16.800 kg/ha.

Aus dem Festigungsgewebe (Sklerenchym) der Rinde u. a. von Hibiscus sabdariffa altissima (Rosellahanf), H. cannabinus (Ambari, Kenaf) oder Abutilon sp. lassen sich durch Vergärung der Zellverbände („Röste“) Fasern gewinnen, die zusammen mit Corchorus- und Urena-Arten als „Jute“ im Handel sind. Der Hauptanbau von Rosella-Hanf erfolgt in China, Indien und Thailand, in Afrika nur regional. Hergestellt werden z. B. Säcke und kräftige Garne als Grundgewebe für Teppiche und Linoleum. Die entfaserten Sproßstücke dienen als Brennstoff und Ausgangsmaterial für die Papierindustrie. Aus den Fasern des Linden-Eibischs (H. tiliaceus) fertigt man in einigen Gebieten Asiens Flecht- und Bindematerial, z. B. für Fischernetze, Segel und Werg; Blätter und Blüten dienen als Gemüse.
Die Bedeutung solcher Sproßfaserpflanzen hat sich in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zur Baumwolle – ebenfalls ein Malvengewächs – erheblich verringert; weltweit wichtig sind heute noch Flachs (Lein), Hanf, Jute und Ramie.

Brauchtum

In historischen Zeiten war Hibiskus in Europa nahezu bedeutungslos und ist in den meisten alten Schriften auch nicht erwähnt. Lediglich Tabernaemontanus (1520–1590) vermerkte ein Malvengewächs unter dem Namen „Sabdarifa“, machte aber keine Angaben zu dessen Verwendung. Erst seit etwa 100 Jahren schätzt der Europäer den Hibiskus (H. sabdariffa var. sabdariffa) als Schleimdroge und nimmt ihn für Tees und Erfrischungsgetränke.
In der afrikanischen Volksheilkunde gilt Hibiskus als Mittel gegen Krämpfe, bakterielle Entzündungen, hohen Blutdruck, nässende Hautekzeme, Gallen- und Nierenleiden. Die traditionelle asiatische Medizin verwendet die Pflanze gegen Bluthochdruck und Krankheiten der Leber; die Chinesen nehmen sie u. a. bei Hautschwellungen und –entzündungen.
Als Faserpflanze (H. sabdariffa var. altissima) wird Hibiskus in Indien schon seit ältester Zeit kultiviert und dient z. B. auf den philippinischen Inseln auch als orangegelber Pflanzenfarbstoff zum Färben von Wolle.

Wissenswertes

Hibiscus cannabinus wird auch als „Indischer Hanf“ bezeichnet, wobei die Namensgleichheit mit Cannabis sativa (auch „Haschisch-Hanf“) zur Verwechslung führen kann.

Eigenschaften

Wesentliche Inhaltsstoffe

Hauptwirkstoffe der Blütenkelche sind 15–30 % Fruchtsäuren (bis 15 % Hibiskussäure, etwa 12–20 % Zitronen-, 2–9 % Äpfel-, 8 % Wein- und Ascorbinsäure) und Farbstoffe: 1–2 % Anthocyane und Flavonoide (u. a. Hibiscetin, Gossypetin), außerdem Schleimpolysaccharide, Phytosterole und Pektine; in sehr geringer Menge auch ätherisches Öl.

Eigenschaften, Wirkungen

Hibiskus schmeckt leicht säuerlich. Der enthaltene Schleim wirkt an erkrankten Stellen in Mund und Rachen schützend und dadurch reizlindernd. Aufgrund der schwer resorbierbaren Fruchtsäuren wirkt Hibiskus bei höherer Dosierung mild abführend.
Tierversuche zeigten zudem eine entspannende Wirkung auf Darm- und Uterusmuskulatur und antibakterielle Wirkungen, z. B. Wachstumshemmung von Mycobacterium tuberculosis (Verhinderung des Auftretens von Tuberkelknötchen bei infizierten Kaninchen).

Forschung

An der Medical University of Taiwan ließ sich mit einem Hibiskus-Extrakt das LDL-Cholesterin bei Ratten deutlich senken (J. Sci. Food Agriculture). Unter den Heilpflanzen gibt es allerdings mehrere, die Flavonoide bzw. Antioxidantien mit einer ähnlichen Wirkung besitzen. Man hofft dennoch auf die Entwicklung eines neuen Medikaments gegen Herz- und Kreislauferkrankungen.

Warnhinweise

Da sich bei Tierversuchen eine Wirkung auf den Uterus zeigte, ist Hibiscus während einer Schwangerschaft mit besonderer Vorsicht zu verwenden.

Anwendung

Anwendungsgebiet

Die Wirksamkeit von Anwendungen ist bisher nicht nachgewiesen: zur Appetitanregung bei Erkältungskrankheiten, bei Entzündungen der Schleimhäute (Schnupfen, Bronchitis, Magen), als Abführ- und Entwässerungsmittel, bei Erkrankungen des venösen Gefäßsystems und bei Kreislaufbeschwerden. Eine therapeutische Anwendung wird daher nicht befürwortet (Kommission E).
Keine Bedenken bestehen gegen die Verwendung zur Geschmacksverbesserung und als Schönungsdroge.

Anwendungsart

Arzneidroge: Hibisci flos (Hibiscusblüten; Nubiablüten, Rosella)
Verwendet werden die zur Fruchtzeit geernteten fleischigen Kelche und Außenkelche der Blüten von Hibiscus sabdariffa var. sabdariffa f. ruber in getrocknetem Zustand. Der Mindestgehalt an Fruchtsäuren – berechnet als Zitronensäure – soll 13,5 % betragen.
Als Fertigarzneimittel ist Hibiskus nicht im Handel, doch in manchen Kräutermischungen enthalten (z. B. Kneipp Sieben Kräuter). Gebräuchlich ist eine Verwendung als Tee (1/2 TL auf eine Tasse kochendes Wasser, 5–10 Min. ziehen lassen, abfiltern).
Bei weiteren volkstümlichen Anwendungen wurde eine Wirkung noch nicht untersucht oder konnte nicht nachgewiesen werden: erhitzte Blätter gegen rissige Füße und Geschwüre; eine Lotion aus den Blättern gegen Schmerzen und Wunden sowie die harntreibende Wirkung der Samen. In Indien nimmt man eine Auskochung der Samen gegen Harnzwang, erschwerte (schmerzhafte) Blasenentleerung, leichte Formen von Ernährungsstörungen im Kindesalter und geistige Behinderung. In Brasilien werden der bitteren Wurzel magenstärkende Eigenschaften zugeschrieben.

Produkte

Getränke

Hibiskus ist eine Zutat (Aromatikum) in vielen Säften und Erfrischungsgetränken. Unter den Vermouth-Zutaten des italienischen Spirituosenherstellers Riccadonna befindet sich auch Hibiskus. Auf den mittelamerikanischen (westindischen) Inseln wird aus den frischen Blütenkelchen Hibiskuswein („roselle wine“) hergestellt. Gebräuchlich ist in manchen Ländern auch das Einfärben von Weinen mit Hibiskussaft.
Zur Herstellung eines traditionellen Weihnachtsgetränks in Jamaica gibt man Hibiskuskelche in ein Steingefäß, fügt etwas Ingwer und Zucker hinzu, übergießt mit kochendem Wasser und läßt die Zubereitung über Nacht ziehen. Nach dem Filtern wird das Getränk mit Eis und je nach Geschmack mit einem Schuß Rum serviert.

Tee

Tee aus den Blütenkelchen von Hibiscus sabdariffa ist als „Malven-“ oder „Hibiskusblütentee“ im Handel (oft in Filterbeuteln). In Teemischungen („Frühstücks-“ und „Früchtetees“, z. B. zusammen mit Hagebutte) dient Hibiscus vor allem als Schönungsdroge, die dem Tee eine rötliche Färbung und einen angenehmen, leicht säuerlichen Geschmack verleiht.
Es besteht die Möglichkeit einer Verwechslung mit Malvenblättern und –blüten der einheimischen Malva sylvestris (Wilde Malve) und M. neglecta (Weg-Malve). Auch diese enthalten u. a. reizlindernde und hustenstillende Schleimstoffe; ihre Blüten und Blätter dienen gleichfalls als Tee (Malventee).

Speisen

Aus Hibiskus-Blütenkelchen werden u. a. Gelee und Soße, Sirup und Lebensmittelfarbstoff (farbgebend: Anthocyane, z. B. Delphinidin-3-O-xyloglucosid, Cyanidin-3-O-xyloglucosid) hergestellt. Hibiskus-Soße oder Sirup fügt man z. B. Pudding, gefrostetem Kuchen, Pfeffer- und Eierpfannkuchen, Gelatine, Waffeln, Eiscreme und Salat-Dressing hinzu.
Laubblätter und junge Triebe dienen in den Anbauländern als Gemüse, Salat und Suppenkraut; die unreifen Kapseln roh oder gekocht als vitaminreiches und mineralienhaltiges Gemüse (Vitamine A und C; Eisen, Calcium). Aufgrund des Schleimgehalts sind sie als Diät bei Magenbeschwerden geeignet.

Die ölhaltigen Samen werden geröstet (Kaffee-Ersatz) oder gemahlen und ähnlich wie Sesam verwendet.

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Letzte Änderung: 3. Januar 2021
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)

Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Hibiskus (Hibiscus sabdariffa) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in Brunnen/Schweiz: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).


BILDNACHWEISE UND ZITIERTE LITERATUR

Bildnachweise

alle Fotos:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg

Zitierte Literatur
→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)

Boivin, N. et al. (2014): Indian Ocean Food Globalisation and Africa. – African Archaeological Review 31: 547–581.